Den Pflanzennamen auf der Spur

Dem schwedischen Arzt und Botaniker Carl von Linné ist es zu verdanken, dass die Benennung der Pflanzen in lateinischer und griechischer Sprache vereinheitlicht wurde und so bis heute weiter geführt wird.

Von den zahlreichen Pflanzen, die auf der Erde gedeihen, bewohnt rund ein Zehntel den mitteleuropäischen Raum. Viele von ihnen sind sowohl unter ihrem wissenschaftlichen als auch dem deutschen Namen bekannt. Dem schwedischen Arzt und Botaniker Carolus Linnaeus, auch bekannt als Carl von Linné (1707 bis 1778) ist es zu verdanken, dass die Benennung der Pflanzen in lateinischer und griechischer Sprache (binäre Nomenklatur) vereinheitlicht wurde und so bis heute weiter geführt wird. Siehe auch: (Carl von Linné - Hierarchie der Natur) . Die deutschen Namen hingegen sind die Ergebnisse der langen Entwicklung einer sich stets wandelnden und ständig verändernden Sprache. Viele Einflüsse wie Mundarten der verschiedenen Länder, geographische Herkunft, aber auch Aberglauben und alte Überlieferungen prägten die Entstehung der Pflanzennamen im Volksmund.

Die Anfänge der Nomenklatur...

Die ersten historischen Ansätze, Pflanzen anhand ihrer Wuchsform in Bäume, Sträucher und Kräuter zu unterscheiden, nahmen ihren Anfang bereits zu Zeiten Platons und Aristoteles. Diese Einteilung wurde bis in das 17. Jahrhundert beibehalten. Erst danach entstand der Wunsch, Pflanzen anhand bestimmter Kategorien zu gliedern und zu ordnen. Die im 16. Jahrhundert entstandenen Kräuterbücher von Otto Brunfels, Leonard Fuchs und Hieronymus Bock beschrieben die Heilpflanzen noch ohne systematische Reihenfolge. Es war allgemein üblich, Pflanzen mit langen erklärenden Begriffen zu bezeichnen, die von Ort zu Ort variieren konnten. Der aus der Schweiz stammende Arzt und Botaniker Caspar Bauhin (1560 bis 1624) kann als der Begründer dafür angesehen werden, Pflanzen nach einer bestimmten Systematik zu ordnen. So führte er die Unterscheidung von Spezies und Gattung ein und erstellte damit als Vorreiter Linnés die ursprünglichen Anfänge einer binären Nomenklatur (wissenschaftliche Bezeichnung von Pflanzen).

...und deren weiteren Entwicklung

Er beschrieb über 5500 bekannte Pflanzenarten systematisch nach ihren Merkmalen. Carl von Linné (Siehe auch: Carl von Linné - Hierarchie der Natur) benannte ihm zu Ehren später die Gattung Bauhinia aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Der aus der englischen Grafschaft Essex stammende Engländer John Ray (1628 bis 1705) lieferte dann die Grundlagen für Linnés spätere Nomenklatur. Der Geistliche und Professor für griechische Sprache und Mathematik, wurde in erster Linie durch seine Schriften als Tier- und Pflanzensystematiker bekannt. Er unterschied Pflanzen bereits nach ihren ein- und zweikeimblättrigen (mono- und dicotylen) Merkmalen. Abschliessend sei hier noch der französische Arzt und Botaniker Joseph Pitton de Tournefort (1656 bis 1708) als direkter Vorläufer Linnés genannt, der Pflanzen vor allem anhand ihres Blütenstandes unterschied. Seine besondere Leistung lag darin, dass er sämtliche Gattungen nach deren Merkmalen systematisierte und diese auf Tafeln illustrierte, die die Einzelheiten der Blüten und ihrer Fruchtstände verdeutlichten.

Linné begründet die binäre Nomenklatur

All diese Ansätze der letzten Jahrzehnte fasste Carl von Linné schließlich um das Jahr 1750 in seinen Werken zusammen. Drei Jahre später veröffentlichte Linné sein Grundlagenwerk der Botanik «Species plantarum», in dem er erstmalig die binäre Nomenklatur anwandte. Die Merkmale des Pflanzenreiches in einem hierarchischen System zu erklären, war eine erhebliche Erleichterung und galt als Revolution in der Wissenschaft. Er bildete die Pflanzen in 24 Klassen ab, geordnet nach Geschlechtsorganen, Verteilung, Zahl und Anordnung ihrer Fruchtblätter und Staubgefäße. Mit der zehnten Auflage seines in lateinisch verfassten Werkes «Systema naturae» begann im Jahre 1758 dann das Zeitalter der zoologischen Nomenklatur, in dem er auch die Arten der Tierwelt systematisch nach dem Grad ihrer Verwandtschaft klassifizierte. Neben dem Reich der Pflanzen und Tiere klassifizierte Linné auch die Mineralien. Sein Buch «Systema naturae» erfuhr insgesamt 13 Auflagen, von denen Linné 12 erlebte.

Hierarchie im Reich der Pflanzen

Der zentrale Punkt der Klassifizierung ist die Art. Sie wird mit dem wissenschaftlichen Namen, bestehend aus zwei Begriffen bezeichnet. So erhält jede Pflanze jeweils einen Terminus für die Gattung und einen für die Art. Unter der «Art» wird heute im allgemeinen eine Gruppe von Individuen verstanden, die sich untereinander fortpflanzen können und gegenüber anderen Gruppen durch die Fortpflanzung isoliert sind. Zu Gattungen werden diejenigen Arten zusammengefaßt, die übereinstimmende Merkmale besitzen und Ähnlichkeiten aufweisen. Der wissenschaftliche Name einer Art setzt sich nach der «binären Nomenklatur» aus dem Gattungsnamen (großgeschrieben) und dem Artnamen (kleingeschrieben) zusammen. Beispiel: «Ranunculus ficaria L.», Scharbockskraut. Über Gattung und Art liegen mit «Familie», «Ordnung», «Unterklasse», «Klasse», «Unterabteilung» und «Abteilung» dann noch die übergeordneten Strukturen von Linnés Systematik. Ein kurzer Abriss einer vollständigen Systematisierung sei daher am Beispiel des bereits erwähnten Scharbockskrauts zum Verständnis kurz aufgezeigt:

  • Abteilung: Spermatophyta (Samenpflanzen)
  • Unterabteilung: Angiospermae (Bedecktsamige Pflanzen)
  • Klasse: Dicotyledonea (Zweikeimblättrige Pflanzen)
  • Unterklasse: Polycarpicae (Vielfrüchtige Pflanzen)
  • Ordnung: Ranunculales
  • Familie: Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)
  • Gattung/Art: Ranunculus ficaria, L. (nach Linné)

Im Vergleich zu dieser doch recht strengen Systematik, die jedoch international anerkannt ist, nimmt sich die Namensgebung durch den Volksmund vergleichsweise einfach aus.

Scharbockskraut im Volksmund...

Das Scharbockskraut, ein bekanntes Wildkraut, das im Frühjahr die Böden der Laubwälder mit seinen gelben Blüten überzieht, wird im Volksmund als «Butterblume«, «Feigwurz», «Frühsalat» und «Gichtblatt» bezeichnet. In früheren Jahrhunderten wurden die Blätter als Vitamin C Ersatz verwendet, um dem gefürchteten Skorbut vorzubeugen. Diese Vitamin C Mangelerkrankung äußert sich in Gelenkschwellungen, Zahnfleischschäden und verstärkter Wundblutung. Hierfür wurde in der Volksheilkunde vor allem das Kraut (Herba ficariae) vor der Blütezeit in Form einer Teezubereitung eingenommen. Im Volksmund hieß Skorbut «Scharbock», daher entstammt der Name «Scharbockskraut». Im Mittelalter wurde das Scharbockskraut (Feigwurz) zudem als Mittel gegen Warzen eingesetzt, da die Signatur der Wurzel an das Aussehen einer Feigwarze erinnerte. Dabei wurde der Saft der Wurzelknollen zur äußeren Anwendung gegen Warzen und Hämorrhoiden verwendet.

...und wie es vom Himmel regnete

Das Scharbockskraut bildet keine Samen aus, sondern es vermehrt sich über Brutknollen, die an den Achseln der unteren Blätter sitzen. Diese weissen Brutknospen, die wie Weizenkörner aussehen, fallen bei der Reife ab und es entwickeln sich daraus die neuen Jungpflanzen. Die Brutknospen werden in großer Menge gebildet und vom Regen weggespült, sodass andernorts oft der Eindruck entsteht, es habe «Weizenkörner» geregnet. Da sich in früheren Zeiten niemand so einen rechten Reim über die Herkunft der Körner machen konnte, sich aber daraus ein leckeres Brot backen ließ, sprach man vom «Himmelsbrot», «Erdgerste» oder «Mannaregen». Achtung: Das Scharbockskraut ist nur bis zum Erscheinen der ersten Blüten genießbar, denn als Hahnenfußgewächs enthält die Pflanze ab dem Zeitpunkt der Blüte den Giftstoff Protoanemonin, welcher ihr in der Folge einen scharfbrennenden Geschmack verleiht. Ab diesem Zeitpunkt sollte die Pflanze nicht mehr verzehrt werden.

Linne`s Leberblümchen

Das Leberblümchen mit seinen herrlich blauen Kronblüten (Hepatica nobilis Mill., Anemone hepatica L.) gehört wie das Scharbockskraut zu den Hahnenfußgewächsen und bevorzugt als Standort schattige Wälder mit kalk- und lehmreichen Böden. Es ist mit der Anemone nahe verwandt, zu der es gelegentlich auch gezählt wurde. Carl von Linné (Siehe auch: Carl von Linné - Hierarchie der Natur) beschrieb das Leberblümchen in seinem Werk «Species Plantarum» als die «Anemone hepatica». Seitdem hat diese Gattung verschiedene Namensänderungen erfahren, ist jedoch heute allgemein bekannt als Hepatica nobilis (Miller). Ihre Volksheilkundlichen Namen wie «Herzblümli», «Leberkraut», «Fastenblume» oder «Osterbleaml» erinnern an das Organ «Leber» dessen Aufgabe es ist, den menschlichen Körper zu entgiften.

Symbol der dreilappigen Blätter

Auch die Umrisse der dreilappigen Blätter, die erst nach der Blütezeit hervorwachsen, ähneln dem Aussehen der menschlichen Leber. Ein weiterer geläufiger Name der Hepatica lautet «Dreifaltigkeitsblume», der wahrscheinlich ebenfalls durch die dreilappigen Blätter entstanden ist und Vater, Sohn und Heiligen Geist symbolisieren soll. Die heutige Schulmedizin verwendet das Leberblümchen nicht, obgleich sich in der Erfahrungsheilkunde herausgestellt hat, dass ein aus dem getrockneten Kraut (Herba Hepaticae) zubereiteter Tee bei Leber- und Gallebeschwerden sowie bei Gallensteinen wirksam ist. Das frische Kraut hingegen darf auf keinen Fall verwendet werden, da hier giftige Scharfstoffe enthalten sind, die sich erst beim Trocknen verflüchtigen. Die Blütezeit der Hepatica ist im allgemeinen in den Monaten März und April, wobei es im St. Galler Oberland, am Walensee - Südhang oder im Toggenburg schon an sonnigen Februar-Tagen blühend aufzufinden ist. Achtung: Das Leberblümchen steht unter Naturschutz und darf nicht gepflückt und nicht ausgegraben werden.

Küchen-, Kuh- und Kühchenschelle

Die Küchenschelle mit der botanischen Bezeichnung «Pulsatilla vulgaris Mill.» oder «Anemone pulsatilla L.» ist eine altbekannte und über viele Jahrhunderte hinweg geschätzte Heilpflanze. Heute wird sie jedoch wegen der enthaltenen Giftstoffe nicht mehr als Phytotherapeutikum verwendet. Als homöopathisches Mittel hingegen wird Pulsatilla bei gynäkologischen Erkrankungen, Erkältungen, Zahnungsbeschwerden oder Verdauungsbeschwerden erfolgreich eingesetzt. Im Volksmund bekam die Pulsatilla viele hübsche Namen, wie «Wiesenküchenschelle», «Wolfspfote», «Bockskraut», «Pelzanemone», «Güggelblume», «Kuhschelle» oder «Merzeglogge». Die Herkunft des Namens Küchenschelle ist ungewiß, da die Pflanze mit der Küche nichts gemeinsam hat. Sicher ist jedoch, dass die glockenförmigen Blüten der Pulsatilla vom Aussehen an eine Kuhglocke erinnern und sie daher auch als «Kuhschelle» oder «Kühchenschelle» bezeichnet wurde.

«Pulsatilla» und ihre Beinamen

Der Gattungsname «Pulsatilla» wurde ursprünglich aus dem lateinischen Wort «pulsare» (schlagen, läuten) abgeleitet, was ebenfalls an die Kuhglocke erinnert oder einfach auf die vom Wind hin- und hergeschlagenen, nickenden Blüten im Frühjahr hindeutet. Der lateinische Beiname «vulgaris» (einfach) wird hier im Sinne von «gemeinsam» oder «gemeinschaftlich» verwendet, denn auf Spaziergängen kann man Pulsatilla nahezu ausschließlich in kleinen Grüppchen wachsen sehen. Ein weiterer Artname der «Windblume», denn so wird sie in England genannt, lautet «pratensis» (Wiesen-), da Pulsatilla vorwiegend auf trockenen, sonnigen und kalkreichen Grasflächen anzutreffen ist . Die wunderschöne violette blühende Frühjahrspflanze, die unter Naturschutz steht, ist in Europa weit verbreitet. In der Schweiz kommt sie im Kanton Schaffhausen, dem nördlichen Kanton Zürich, dem nördlichen Kanton Aargau, am Neuenburgersee und bei Vallorbe vor.

Anemonen tanzen im Wind

Carl von Linné (Siehe auch: Carl von Linné - Hierarchie der Natur) gab den Pflanzen der Gattung Ranunculaceae den Namen «Anemone», abgeleitet vom griechischen Wort «anemos», der Wind. In der griechischen Mythologie sind die Anemonen aus den Tränen der Aphrodite um Adonis entstanden (das Frühlings- «Adonisröschen» gehört übrigens ebenfalls zu den Hahnenfußgewächsen). Aphrodite, die Göttin der Liebe, verliebte sich in den Jüngling Adonis, der bis heute als Symbol männlicher und jugendlicher Schönheit gilt. Der Kriegsgott Ares, der Aphrodite ebenfalls begehrte, liess den Rivalen Adonis töten. Als Aphrodites Tränen auf die Erde fielen, erblühten daraus die hübschen Anemonen. Die Blumen mit ihren leichten Blütenblättern werden nach allen Himmelsrichtungen vom Winde verweht (Anemone - Windröschen, Buschwindröschen) und so erinnern die Anemonen jedes Jahr im Frühjahr an den Tod des Adonis.

Weiterführende Literatur!

In der achtsamen Begegnung offenbaren sich uns die Pflanzen als Wesenheiten mit großen Wandlungskräften. Mit einer Einführung in die Signaturenlehre und praktischen Anleitungen für Pflanzenbegegnungen eröffnet das Buch einen Zugang zur Sprache der Pflanzenwelt. Es zeigt, wie wir uns im Spiegel der Natur selbst erkennen, wie wir mit Pflanzen in einen lebendigen Austausch treten und ihre Kräfte nützen können. In 18 ausführlichen Porträts heimischer Heilpflanzen werden die Wesenskräfte der Pflanzen sowohl in der modernen Forschung als auch in der traditionellen Überlieferung und im Pflanzenbrauchtum beschrieben. Ein informatives und berührendes Praxisbuch für alle, die mit Heilpflanzen nicht nur den Körper, sondern auch die Seele heilen wollen. Mit zahlreichen Wahrnehmungsübungen, Rezepten und Anregungen für den kreativen Umgang mit Heilpflanzen.

Die Sprache der Pflanzenwelt
Begegnungen mit der Pflanzenseele - Signaturenlehre - Ganzheitliche Pflanzenheilkunde
von Svenja Zuther

Gebundene Ausgabe: 420 Seiten
Verlag: AT Verlag

Weitere Infos zu diesem Buch finden Sie unter: Rezensionen