In der öffentlichen Wahrnehmung und medialen Berichterstattung scheint mittlerweile fast schon eine Art Kleinkrieg um die Meinungsvorherrschaft über eine gesunde Ernährung entbrannt zu sein. Veganer reklamieren für sich, die Umwelt und die betroffenen Tiere zu schonen und sich dabei auch noch gesünder zu ernähren. Menschen, bei denen alles auf dem Speiseplan steht, halten dem oft entgegen, dass vegane Ernährung zu Mangelerscheinung führt und somit nicht gesund sein kann. Natürlich stellt sich dabei die Frage, wer am Ende eigentlich recht hat. In diesem Artikel sollen beide Seiten etwas genauer erläutert werden, um der Antwort auf die Frage zumindest etwas näher zu kommen.
Im Grundsatz basiert die vegane Ernährung auf der Einstellung, nichts zu essen, was von einem Tier stammt. Dabei geht es im Einzelnen um folgende Punkte:
Veganismus beschränkt den Verzicht auf tierische Bestandteile jedoch nicht nur auf die Ernährung, sondern dieser gilt möglichst für alle Bereiche des täglichen Lebens. So verzichten Veganer auch auf tierische Rohstoffe wie Leder oder Wolle und achten auf tierische Produkte in der Kosmetik.
Die vegane Ernährung kennt trotz der auf den ersten Blick vielen Lebensmittelausschlüsse eine abwechslungsreiche Kost, mit denen sich nahezu alle Geschmacksrichtungen erzeugen lassen. Zu den Hauptlebensmitteln von Veganern gehören:
Möchten Veganer nicht auf den Geschmack von Fleisch oder anderen mit tierischen Bestandteilen hergestellten Gerichten verzichten, bieten sich heute zahlreiche Ersatzprodukte an. Ob vegane Wurst oder Fleischersatz (aus Sojaprotein) oder Käseersatz auf Basis von Kokosöl – der Fantasie sind diesbezüglich keinerlei Grenzen gesetzt.
Die vegane Ernährung verzichtet also auf einige Gruppen von Nahrungsmitteln, die bei einer omnivoren (herkömmliche Mischkost) Ernährung elementarer Bestandteil sind. Doch was bedeutet dieser Verzicht letztlich? Ist er mit Nachteilen verbunden oder hat er am Ende sogar positive Effekte auf unsere Gesundheit? Gänzlich lässt sich diese Frage noch nicht beantworten, da die Studienlage noch nicht ausreichend ist. Unabhängig von Studien lassen sich jedoch zunächst die ganz vordergründigen Vorteile der beiden Ernährungsformen aufzeigen:
Vorteile Veganismus | Vorteile herkömmliche Ernährung |
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Tabelle 1: Offenkundige Vorteile veganer und omnivorer Ernährung im Vergleich
Vordergründig verzichten Veganer durch die Meidung tierischer Lebensmittel also auf eine ganze Reihe von gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen. Dies ist bei genauerer Betrachtung hingegen oftmals nicht der Fall. So befindet sich Eisen beispielsweise auch in vielen pflanzlichen Lebensmitteln:
| 12,5 mg pro 100 Gramm |
| 8 mg pro 100 Gramm |
| 7 mg pro 100 Gramm |
| 6,2 mg pro 100 Gramm |
| 6 mg pro 100 Gramm |
| 5 mg pro 100 Gramm |
Wiederum sollte dabei gesagt werden, dass Eisen in pflanzlichen Lebensmitteln oft als Eisen(III)-Komplexe vor, die der Körper schlechter resorbiert. Dieser kann nämlich bei weitem nicht alles Eisen auch tatsächlich aufnehmen, welches durch die Nahrung zugeführt wird. Er verwertet im Normalfall nämlich nur 6 bis 12% des Eisens, wobei das im Fleisch enthaltene Häm-Eisen deutlich leichter zu resorbieren ist. Eine Kombination aus Fleisch und Gemüse kann zu dem die Resorptionsrate von pflanzlichen Eisen nahezu verdoppeln (Quelle: Vitalinstitut.net). Trotzdem ist es grundsätzlich möglich, den eigenen Eisenbedarf mit veganer Ernährung zu decken.
Auch wenn sich durch Veganismus viele der Inhaltsstoffe tierischer Lebensmittel durch eine ausgewogene Ernährung ersetzen lassen, gibt es einige Nährstoffe, bei denen sich ein Mangel einstellen könnte:
Selbst unter Veganern ist es unstrittig, dass die Vitamin B12-Versorgung durch eine rein vegane Kost gefährdet ist. Vitamin B12 wird im Körper vor allem dafür benötigt, Blutbildung und die Funktion des Nervensystems einwandfrei zu gewährleisten. Darüber hinaus spielt Vitamin B12 auch bei der DNA-Synthese und der Zellteilung eine wichtige Rolle. Ein Mangel an Vitamin B12 kann zu folgenden zum Teil schwerwiegenden Symptomen führen:
Schäden am Nervensystem oder am Gehirn können mit der Zeit chronisch ausfallen und sind irreversibel. Dies ist jedoch erst bei einem starken und langanhaltenden Vitamin-B12-Mangel der Fall. Da Vitamin B12 vor allem in Fleisch, Fisch und Käse vorkommt, stehen Veganer diesbezüglich vor der Herausforderung, den Bedarf durch Supplementierung zu decken.
Auf den Aspekt der Ernährung bezogen ist die Vitamin-D-Versorgung tatsächlich ein Problem für Veganer. Dieses Argument lässt sich allerdings kaum halten, da die meisten Menschen es nicht schaffen, genug Vitamin D über ihre Ernährung aufzunehmen. So liegt die empfohlene Tagesdosis laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Erwachsene bei 20 Mikrogramm. Um diesen Bedarf zu decken, müsste ein Mensch täglich diese Lebensmittel verzehren:
Da dies fast dauerhaft durchhält, ist die Bedarfsdeckung unabhängig von der Ernährungsform kaum möglich. Wer gerne Fisch isst, kann zwar einen Teil des Bedarfs decken, muss jedoch trotzdem auf zusätzliche Quellen wie das Sonnenlicht oder eine Supplementierung vertrauen. Glücklicherweise lässt sich der Vitamin-D-Bedarf auch über das Sonnenlicht decken, denn unser Körper kann so das Vitamin selbst synthetisieren.
Zink ist ein sehr wichtiges Spurenelement, welches im menschlichen Körper eine Reihe von Funktionen übernimmt. Nicht nur in der Wachstumsphase wird eine ausreichende Zinkzufuhr damit wichtig, sondern auch für folgende Aspekte:
Tierische Lebensmittel wie Käse, Eier, Fleisch und auch Schalentiere sind sehr gute Zinklieferanten. Dies hat zur Folge, dass sich Menschen mit herkömmlicher Ernährung oftmals kaum Gedanken darum machen müssen, ihren Zinkbedarf zu decken. Anders sieht dies bei Veganern aus, denen die oben genannten Quellen nicht offenstehen. Diese sollten darauf achten, ausreichend pflanzliche Zinklieferanten zu wählen:
Es gibt mit Vitamin B12 zumindest einen wichtigen Nährstoff, dessen Bedarf sich mit veganer Ernährung nicht decken lässt. Darüber hinaus existieren noch weitere Bestandteile herkömmlicher Nahrung, bei denen Veganer zumindest auf große Ausgewogenheit achten müssen, um keinen Mangel zu erleiden. Wer dies als Veganer im Blick behält und eine Vitamin-B12-Supplementierung mit ärztlicher Begleitung durchführt, muss sich zumindest im Normalbereich keinerlei Sorgen machen. Anders kann dies bei Leistungssportlern aussehen, da diese unter anderem auch einen erhöhten Eiweißbedarf aufweisen.
Neben eventuellen Mangelerscheinungen scheint die vegane Ernährung jedoch auch einige Vorteile aufzuweisen. Zwar ist die Studienlage nach wie vor dünn und die Zahl der Probanden jeweils gering, aber es gibt einige Hinweise darauf, dass eine vegane Lebensweise der eigenen Gesundheit zuträglich sein kann:
Die oben genannten Studien zeigen sehr eindrucksvoll, dass es erste deutliche Hinweise für die gesundheitsfördernden Wirkungen einer fleischlosen oder gar veganen Ernährung gibt. Es muss jedoch auch darauf hingewiesen werden, dass die veganen Studienteilnehmer oft nur in sehr geringer Zahl vorhanden waren und sich somit noch kein absolut repräsentatives Bild zeichnen lässt. Hier wird die Forschung in Zukunft noch spezifischer und umfangreicher untersuchen müssen, wie sich vegane Ernährung auf die Gesundheit auswirkt.
Die Frage nach einer grundsätzlich negativen Auswirkung von Fleisch in unserem Speiseplan wird auch heute von Ernährungsexperten verneint. Dabei haben sich einige Erkenntnisse ergeben, die in einer omnivoren Ernährung (mit Fleisch) jeder beachten sollten:
Auf Basis dieser Informationen lässt sich also festhalten, dass eine omnivore Lebensweise nicht per se gesundheitsschädlich sein muss. Wer Fleisch in Maßen genießt und es auch bei Milchprodukten nicht übertreibt, kann die Vorteile der Ernährungsform genießen. Schließlich ist Fleisch ein hervorragender Proteinlieferant und enthält zudem zahlreiche B-Vitamine.
Vegane Ernährung ist in Deutschland sicherlich auf dem Vormarsch. Immer mehr Menschen entwickeln ein Bewusstsein für das Leid von Tieren in der Massentierhaltung und den Umweltaspekten, die diese Lebensweise mit sich bringt. Auf gesundheitlicher Ebene scheint bei ausgewogener Ernährung auch nichts gegen Veganismus zu sprechen. Im Gegenteil gibt es sogar Hinweise auf positive gesundheitliche Auswirkungen. Da diese Studien jedoch noch nicht aussagekräftig genug sind, liegt die beste Lösung wohl in einem Kompromiss. Wer den Anteil tierischer Produkte in seiner Ernährung absenkt und zudem darauf achtet, Fleisch aus artgerechter Haltung zu kaufen, kann sowohl seiner Gesundheit als auch der Umwelt und den Tieren etwas Gutes tun.
Warum wird es uns Verbrauchern so schwer gemacht, sich über Ernährung und Gesundheit aus unabhängigen Quellen zu informieren? Die medizinische Forschung schreitet immer weiter voran, doch die Menschen werden immer kränker. Warum? Achtzig Prozent aller Krankheiten, so Dr. M. O. Bruker, sind vermeidbare ernährungsbedingte Zivilisationskrankheiten. In klarer Sprache zeigt der Autor deren Ursachen auf. Sie erfahren, warum wir in unserer Wohlstandsgesellschaft – trotz allem Überfluss – mangelernährt sind und mit welcher Ernährung sich verschiedenste Krankheiten, vom Gebissverfall über Rheuma, Nieren– und Gallensteine, Hauterkrankungen und Infektanfälligkeit bis hin zum Herzinfarkt, vermeiden lassen. Dieses Buch ist der Klassiker der Vollwerternährung.
Unsere Nahrung - unser Schicksal
Alles über Ursachen, Verhütung und
Heilbarkeit ernährungsbedingter Zivilisationskrankheiten
von Max Otto Bruker
Gebundene Ausgabe: 459 Seiten
Verlag: emu
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