Lac caninum (Hundemilch)...
...Mangel an Selbstvertrauen
In der Antike wurde Lac caninum von Plinius als medizinisches Mittel bei Eierstockschmerzen und Beschwerden des Uterus sowie des Gebärmutterhalses empfohlen. Auch der griechische Arzt Sextus Empiricus (2. Jahrhundert nach Christus) empfahl die Hundemilch als adäquate Medizin bei hoher Unverträglichkeit von Licht, Mittelohrentzündung und Erkrankungen der Augen. In der Homöopathie wird die potenzierte Hundemilch bei hochgradiger Empfindsamkeit, Verlust des Selbstvertrauens sowie vielen körperlichen Krankheiten wie Halsentzündungen, Gebärmutterhalsbeschwerden und Migräne eingesetzt.
Herstellung und Arzneimittelprüfung
Lac caninum wird aus der Milch säugender Mischlings- oder Rottweiler-Hündinnen gewonnen. Der Name «Lac caninum» stammt aus dem Lateinischen, wobei «lac» Milch und «canis» Hund bedeutet. Das Mittel wird in der Homöopathie aus der frischen Milch einer säugenden Hündin hergestellt. Die Milch wird mit einem Wasser-Alkohol-Gemisch verdünnt und verschüttelt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Lac caninium von dem amerikanischen Arzt Dr. Samuel Swan (1814–1893) und dem englischen Homöopapthien Edward W. Berridge (1843 - 1923) geprüft. Der aus New York stammende Arzt Dr. Reisig benutzte Lac caninum in Verdünnungen über viele Jahre hinweg gegen die Diphterie, Scharlach und Syphillis.
Mutter-Kind-Beziehung
Das zentrale Thema von Lac caninum ist die gestörte Mutterliebe. Einerseits ist der Mutterinstinkt - der das Kind beschützen soll - vorhanden und andererseits handelt die Mutter unvermittelt aggressiv mit triebhaften Anwandlungen. Auf der körperlichen Ebene gilt es als sicheres Zeichen, wenn Beschwerden mit pendelartigen Seitenwechsel vorliegen. Dabei wandern die Schmerzen ständig von einer Seite zur anderen, wie das Pendel einer alten Standuhr. Lac caninum ist ein homöopathische Mittel für Menschen, die das Gefühl von Mutterliebe nicht kennen oder die tatsächlich den Verlust ihrer Mütter erlebt haben. Auch negative Erfahrungen mit der eigenen Mutter können hier eine Rolle spielen. Oft erfuhren Betroffene dabei eine nicht adäquate Zuneigung der Mutter, sie erlebten sie in ihrer Kindheit eher als Bedrohung beispielsweise in Form einer Spinne oder Schlange. Lac caninum ist ein tief wirkendes Mittel bei Wahnideen («sieht Spinnen oder Schlangen»). Auch den Vater sahen die Betroffenen in ihrer Kindheit - durch die Augen der Mutter - oft als ein bedrohliches wildes Tier.
Arzneimittelprüfung
James Tyler Kent schreibt in seiner Materia Medica, das Lac caninum ein tief wirkendes Mittel sei: «Die Prüfer spürten die Symptome noch Jahre nach der Prüfung. Vor allem langwierig waren die Gemütssymptome, die Lac caninum in großer Zahl hervorgebracht hat». Andere Prüfer berichten, dass sich bei der Einnahme von Lac caninum auf der körperlichen Ebene entzündliche Erscheinungen des Rachenraumes ergaben. Zudem hat das Mittel eine deutliche Beziehung zu den weiblichen Geschlechtsorganen. Die Menstruation tritt früher ein, sie ist stark und schmerzhaft, das Blut hat eine grünliche Farbe und ist übelriechend. Es tritt eine Verschlechterung des Rachenringes während der Monatsregel ein, dabei sind die Brüste extrem schwer und schmerzhaft bei Berührung oder Erschütterung wie etwa beim Treppensteigen. Ausserdem ist das Mittel hilfreich bei Milchmangel der Wöchnerinnen sowie bei zu viel Milch - es ist auch zum Abstillen geeignet. Das Mittel wird bei vielen Symptomen der weiblichen Genitale eingesetzt. Bei rheumatischen Schmerzen, die von einer Seite zur anderen Seite wechseln ist Lac caninum das Mittel der Wahl. Vor allem der Seitenwechsel aller Beschwerden wurde in der Prüfung bestätigt und klinisch belegt.
Gemütssymptome
Die Menschen leiden unter mangelndem Selbstvertrauen, fühlen sich minderwertig, unansehlich, schmutzig und halten sich für dumm. Die Betroffenen hassen sich selbst und können nicht glauben, dass es Mitmenschen gibt, die sie mögen. Sie haben oft beim Liegen das Gefühl zu schweben oder die Empfindung, als wenn sie in der Luft gehen. Es herrscht große Ruhelosigkeit vor. Sie sind vergesslich und machen Fehler beim Schreiben. Menschen, die Lac caninum benötigen, sind hochgradig empfindlich gegen äußere Eindrücke, sie reagieren bisweilen extem nervös, was sich bis hin zu hysterischen Anfällen steigern kann. Dabei können sie keine Berührungen auf ihrer Haut ertragen. Lac caninum Patienten neigen zu intensiven Depressionen und sehen alles in einer dunklen schwarzen Wolke. Sie glauben, keinen Freund mehr auf dieser Erde zu haben und wünschen den Tod herbei. Sie neigen zu starken Ängsten vor Schlangen, Spinnen, fremden Hunden und Katzen. Gelegentlich tritt die Wahnidee auf, dass die Schlangen über ihren Körper kriechen. Lac caninum Persönlichkeiten leiden schon während ihrer Kindheit unter Vernachlässigung.
Beschwerden auf der körperlichen Ebene
Fast alle Beschwerden wechseln von einer Seite zur anderen. Kopfschmerzen wechseln die Seiten, die sich durch Abkühlung bessern. Es bestehen scharfe, schießende Kopfschmerzen, die vom Hinderhaupt zur Stirn ausstrahlen. Die Schmerzen verschlimmern sich während der Nacht oder morgens beim Erwachen. Migräne äußert sich an einem Tag auf der linken und am anderen Tag auf der rechten Seite und dann wieder auf der Linken. Gleiches gilt für Rheuma, beispielsweise zuerst am rechten Fußgelenk und dann am linken Fußgelenk. Auch ein wanderndes Erysipel (gerötete Haut) wechselt hin und her. Bei Entzündungen des Rachenraumes mit silbrig-weissem glänzendem Belag oder bei Beschwerden der Eierstöcke tritt das gleiche Phänomen auf. Auch einseitiger Schnupfen mit dicker grüner Absonderung - wandernd von einem Nasenloch zum andern - ist ein Zeichen für Lac caninum. Ferner kann eine Depression oder Neurose zu einer Psychose werden und umgekehrt. Schmerzen, Schwellungen und Verhärtungen in der Brust wandern wie das Pendel einer Uhr. Die allgemeine Überempfindlichkeit der Gliedmaßen zeigt sich unter Umständen darin, dass die Finger gespreizt werden müssen, um zu verhindern, dass diese einander berühren. Ebenso herrscht eine starke Empfindlichkeit gegen Licht oder Geräusche vor. So schreibt Kent: «Geräusche oder Klänge scheinen sehr weit entfernt zu sein». Ähnlich wie bei Lycopodium kann ein Heißhunger vorliegen, der aber mit wenigen Bissen Essen gleich gestillt ist oder die betroffene Person kann sich nicht satt essen.
Vergleichsmittel:
Lycopodium, Phosphorus, Tuberculinum, Sepia, Lachesis und Natrium muriaticum.
Weiterführende Literatur!
Im Mittelpunkt stehen 50 häufig genutzte Mittel, ihre Charakteristik und Leitsymptome. Die Arzneimittelbilder prägen sich dank prägnanter Illustrationen der arzneitypischen Persönlichkeitsmuster nachhaltig ein. Eine besondere Hilfe für die Praxis ist die systematische Betrachtung des Patientenverhaltens bei der Anamnese, da es für die Mittelfindung von zentraler Bedeutung sein kann. Leitsymptome von 50 wichtigen homöopathischen Arzneimitteln. Klar strukturiert und kunstvoll illustriert. Illustrationen arzneispezifischer Persönlichkeitstypen.Besondere Merkmale individueller Arzneimittelbilder. Jedes Arzneimittelbild gliedert sich in Ursubstanz, Typus, Verhaltensmerkmale des Patienten bei der homöopathischen Anamnese, Psyche, Leitsymptome, Modalitäten, absonderliche Symptome, bewährte Indikationen, Arzneianalogie und Kinderheilkunde – durch farbige Überschriften und farbig unterlegte Kästen ist eine klare Übersicht gewährleistet.
Arzneimittelpersönlichkeiten in Wort und Bild
Eine homöopathische Arzneimittellehre zur
schnellen Orientierung in der Praxis
von Bruno Vonarburg
Gebundene Ausgabe: 388 Seiten
Verlag: Haug
Weitere Themen!
Dr. med. James Tyler Kent, sein Einfluss auf die Homöopathie
Die Homöopathie kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Nordamerika und setzte sich dort schnell durch. Bereits ab 1840 wurden Hahnemanns Schriften ins Englische übersetzt. Dadurch erlangte seine Lehre noch einmal viele neue Befürworter. Der wichtigste von ihnen war der Amerikaner Dr. James Tyler Kent. Er hat die homöopathische Welt maßgeblich beeinflusst und die Lehren Hahnemanns in einer gut verständlichen Form weitergegeben.
Staphisagria - das Mittel bei verletzter Ehre
Das Arzneimittel Staphisagria (Scharfer Rittersporn) in homöopathisch zubereiteter Form gehört neben Ignatia und Natrium muriaticum zu den großen Gram- und Kummermitteln. Zudem hat es sich in der Homöopathie als ein wertvolles Mittel bei akuten und chronischen Krankheiten erwiesen.
Carduus marianus - Mariendistel für die Leber
Die Mariendistel (Silybum marianum L.), in der Homöopathie auch Carduus marianus genannt, ist als wirksames Lebermittel aus der Alternativmedizin nicht mehr wegzudenken. Seitdem die Wirkstoffe der Pflanze genauer untersucht wurden, steht sie in der Phytotherapie wie auch in der Homöopathie in niedrigen Potenzen als Leberschutzmittel im Mittelpunkt des Interesses.