Tafeltrauben: Die pralle Lust

Der Herbst ist die Zeit der Wein- und Tafeltrauben. Sie zählen zu den traditionsreichsten Früchten und werden auf allen Kontinenten kultiviert. Trauben liefern auf genußvolle Weise eine Fülle gesundheitserhaltender Inhaltsstoffe.

Derzeit werden weltweit etwa 50 Millionen Tonnen Trauben produziert. Davon gelangen 15 Prozent als Tafelobst auf den Frischmarkt, 5 Prozent werden zu Rosinen getrocknet und 80 Prozent  zu Wein und Spirituosen verarbeitet. Aus den Kernen wird gesundes Traubenkernöl gewonnen. Die wichtigsten Traubenerzeuger sind während der Saison von August bis Oktober die Mittelmeerländer Italien, Frankreich, Griechenland, Spanien und Türkei, von März bis Mai dagegen Südafrika und Chile. Um die 40.000 Tonnen der saftigen Beeren werden derzeit jährlich in die Schweiz importiert. Dort ist der Tafeltraubenanbau erst seit 1998 rechtlich möglich und immer mehr Obstproduzenten entdecken die Früchte als ein Nischenprodukt. Inzwischen bewirtschaften um die 16 Erzeuger im Kanton Thurgau etwa zehn Hektar Land. Insgesamt werden pro Jahr in den Kantonen Wallis, Luzern und Thurgau mehrere hundert Tonnen Tafeltrauben geerntet.

Weinselige Steinzeit

Die Rebe zählt zu den ältesten Kulturpflanzen. Bereits mit dem Sesshaftwerden des Menschen vor etwa 6000 Jahren begann man die Wildreben vermutlich im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris erstmals zu kultivieren, um deren Saft zu Wein vergären zu lassen. Als die Phönizier etwa um 1500 v. Chr. die Reben nach Griechenland brachten, lagen bereits so viele Kenntnisse über den Umgang mit diesen vor, daß die europäischen Völker den Anbau von Weintrauben nur noch an die eigenen Erzeugungsbedingungen anpassen mussten. Für die weitere Verbreitung der Weinrebe sorgten die Römer mit ihren Eroberungs- feldzügen ins nördliche Europa. Heute werden mehr als 8000 Sorten, die ursprünglich von der Wildrebe (Vitis vinifera subsp. silvestris) abstammen, weltweit angebaut.

Jede Beere ein Energiebömbchen

Die Weinrebe, die botanisch zu den Beeren zählt, ist nach den Zitrusfrüchten die am häufigsten angebaute Obstpflanze der Welt. Die frischen Weintrauben sowie ihre Verarbeitungsprodukte wie Rosinen, Traubenkernöl, Traubensaft und Weinessig liefern Wertvolles für die Gesundheit und steigern das Wohlbefinden. Auch der Wein, insbesondere der Rotwein, ist - massvoll genossen - ein ausgesprochen gesundes Getränk. Die Früchte sind durch ihren hohen Anteil an Traubenzucker und Fruchtzucker hervorragende Energielieferanten - in 100 Gramm Trauben stecken über 70 Kalorien oder 293 Kilojoule. Diese Einfachzucker gehen direkt ins Blut und liefern dem Körper daher sehr schnell Energie. Tafeltrauben enthalten alle B Vitamine mit Ausnahme von Vitamin B12. Diese sind vor allem am Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt und unterstützen vielfältige Funktionen von Nervensystem, Gehirn und Muskeln. Tafeltrauben enthalten eine ausgewogene Menge an Mineralstoffen.

Traubenkuren gegen Wohlstandsbeschwerden

In den Schalen der Beeren sitzen verdauungsfördernde Ballaststoffe, die den Darm anregen und gleichzeitig entwässernd und entgiftend wirken. Damit sind sie ideal für Traubenkuren geeignet: Erste Hinweise über die Durchführung derartiger Kuren lassen sich bis in das antike Griechenland zurück verfolgen. Dort führte man Traubenkuren vermutlich als Teil der Vorbereitung der Athleten für die Olympischen Spiele durch. An der Schwelle des 20. Jahrhunderts wurden in zahlreichen Thermalbädern neben den klassischen Trinkkuren mit Heilwässern auch zusätzlich Traubenkuren gegen die Wohlstandsbeschwerden angeboten. Bekannte Badeorte für solche «Thermaltraubenkuren» sind heute noch Montreux und Vevey an den Ufern des Genfer Sees. Viele Sanatorien bieten im Herbst entsprechende Kuren an, bei denen über einige Wochen hinweg täglich 300 bis 1000 Gramm Trauben in die Mahlzeiten mit eingebaut werden. 

Pestizide und Fungizide

Tafeltrauben, Traubensaft und Wein enthalten zahlreiche Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe), wie Ellagsäure, Querzetin, Katechin und Resveratrol, die als Antioxidanzien wirken. Insbesondere der Ellagsäure wird eine stark krebshemmende Wirkung zugesprochen. Sie hemmt die Tumorbildung bereits zu einem frühen Zeitpunkt, da krebserregende Substanzen neutralisiert werden. Das Resveratrol dient zunächst der Pflanze als natürlicher Abwehrstoff gegen Pilzbefall, ist aber auch als Antioxidanz beim Menschen ein wahrer Anti-Aging-Stoff, denn es schützt vor Umweltgiften, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sorgt für einen optimalen Blutcholesterinspiegel. Das Querzetin als weiteres wirksames Polyphenol schützt vor Haut- und Darmkrebs. Katechin hemmt die Bildung von Arterienbelägen aus dem schädlichen Cholesterin und verhindert so die Verklumpung von Blutplättchen. Dadurch wird die Neigung zu Thrombosen reduziert. In den blauen Beeren stecken Farbstoffe aus der Gruppe der Anthozyane, die besonders effektiv schädliche freie Radikale in den Körperzellen binden. Obwohl in der Schale der Trauben sekundäre Pflanzenstoffe zum Schutz vor Parasiten und Pilzen vorhanden sind, kommt es trotzdem häufig zum Schadensbefall. Daher arbeitet der Weinbau meist mit intensivem Einsatz von Pestiziden. Insbesondere bei Produkten aus konventionellen Anbau werden immer wieder Fungizid- und Insektizidrückstände nachgewiesen. So wurden im Herbst 2006 im Rahmen einer gemeinsamen Kampagne der Ostschweizer Laboratorien 72 Traubenproben (69 Proben aus konventionellen Anbau und 3 Proben aus Bioanbau) auf Rückstände hin untersucht. Die Trauben stammten aus der Schweiz, Italien, Frankreich, Türkei, Spanien und Griechenland. Der überwiegende Teil der Proben aus konventionellem Anbau enthielt mehrere verschiedene Wirkstoffe von Pestiziden und Fungiziden, zwei Proben wurden sogar wegen Überschreitung der zulässigen Toleranzwerte beanstandet. Aber auch in einem der biologisch angebauten Produkte konnten geringe Spuren des Fungizids «Metalaxyl» festgestellt werden, bei Bioware stammen diese jedoch meistens aus den Belastungen angrenzender konventioneller Anbaugebiete. Bei der Untersuchung wurden insgesamt 37 verschiedene Wirkstoffe gefunden. Dies deutet darauf hin, dass bei der Schädlingsbekämpfung häufig aus vielen Mitteln bestehende Kombinationen eingesetzt werden, um so die jeweiligen Höchstwerte einzelner Pestizide zu unterschreiten.

Die verbreitesten Tafeltraubensorten

Durch die weltweite Verbreitung der Traubenkultur ist die Zahl der Sorten kaum überschaubar. Alle Vitis-Arten sind Klettersträucher, die Beeren entstehen an ihren Blütenständen, die entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch jedoch keine Trauben, sondern Rispen sind. Neben den drei Farbgruppen Rotblau, Rosé und Weiss wird bei Trauben zudem noch zwischen kernhaltigen und kernlosen Sorten unterschieden. Von den derzeit bekannten Sorten sind im folgenden einige Vertreter erwähnt. «Muscat Bleu»: Eine früh- bis mittelfrüh reifende Sorte, die es seit den 1950er Jahren in der Schweiz gibt. Sie gilt derzeit als die pilzfesteste Sorte. Die Beeren haben eine feste Schale, sind fleischig und schmecken fruchtig-frisch mit einer milden Muskatnote. «Nero»: Diese mittelspäte Reifegruppe weist oval geformte Beeren auf und hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Muscat Bleu. Die Beeren schmecken angenehm süss. Die Sorte besitzt eine gute Resistenz gegen Mehltaukrankheiten. «Birstaler Muskat»: Birstaler kann über einen langen Zeitraum hinweg geerntet werden. Sie zählt zu den frühen Sorten und gilt als weissfrüchtige Entsprechung von Muskat Bleu. Die Beeren haben einen feinen Muskatgeschmack.

Tipps für Einkauf und Lagerung

Beim Einkauf sollte darauf geachtet werden, dass die Beeren keine braunen Stellen aufweisen. Sofern erhältlich, sollte man Trauben aus Bio-Anbau kaufen. Sie können am besten im Kühlschrank aufbewahrt werden. Im Vergleich zu Äpfeln besitzen Trauben eine relativ grosse Oberfläche und bieten daher viel Platz für schädliche Rückstände. Daher sollten Trauben (auch Biotrauben) immer gründlich gewaschen werden. Rückstände auf den Trauben sollten jedoch nicht mit dem weissen, «Nebeltau» auf der Schale verwechselt werden, der bei der Verdunstung von Luftfeuchtigkeit entsteht. Dieser Belag lässt sich einfach mit Wasser abwaschen.

Weiterführende Literatur!

Seit dem Jahr 2000 ist es möglich, Tafeltrauben unabhängig von den im Weingesetz festgelegten Rebflächen erwerbsmäßig zu erzeugen. Dieses Buch zeigt erstmalig den derzeitigen Stand von Wissenschaft, Versuchswesen und Forschung, kombiniert mit den Erfahrungen der Praxis. Das Autorenteam verbindet in idealer Weise Kenntnisse aus der Forschung mit langjährigen Erfahrungen aus Versuchswesen und Beratung im Obst- und Weinbau. Ein Buch für Praktiker und Betriebsleiter, Auszubildende und Studierende im Wein- und Obstbau, sowie interessierte Hobbyanbauer.

Anbau von Tafeltrauben
von Werner Ollig

Broschiert: 172 Seiten
Verlag: Ulmer

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