Gefahr von Hirnblutungen erkennen, bevor sie entstehen...

...durch Aneurysmascreening familiär vorbelastete Patienten schützen

Dank moderner bildgebender Verfahren entdecken Neuroradiologen heute immer häufiger lebensbedrohliche Aussackungen von Hirnarterien, sogenannte Hirnaneurysmen, bevor diese reißen und eine Hirnblutung verursachen.

Bei der Mehrzahl der Patienten – rund 200 000 im Jahr – finden Ärzte das Aneurysma zufällig, etwa bei Abklärung anderer Erkrankungen mittels Computertomografie oder Magnetresonanzangiografie. Die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) rät allerdings davon ab, Patienten reihenweise zu untersuchen und zu behandeln. Denn Nutzen und Risiken eines Screenings und der anschließenden Behandlung des Aneurysmas müssten bei jedem Patienten individuell abgewogen werden, so die Experten. Da Hirnaneurysmen familiär gehäuft auftreten, kann für Verwandte von Betroffenen die vorsorgliche Untersuchung bei einem Neuroradiologen jedoch sinnvoll sein. Etwa zwei bis drei Prozent aller Erwachsenen entwickeln im Laufe ihres Lebens ein Hirnaneurysma: Dabei erweitert sich ein Blutgefäß im Gehirn sackartig oder spiralförmig. In Deutschland sind 1,5 bis zwei Millionen Menschen betroffen. «Für Patienten kommt die Diagnose Aneurysma dem Gefühl gleich, eine ‚Zeitbombe im Kopf’ zu tragen: Denn ein Aneurysma birgt stets die Gefahr zu reißen und eine lebensbedrohliche Blutung zu verursachen», sagt Professor Dr. med. Jens Fiehler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neuroradiologische Diagnostik und Intervention am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Vorstandsmitglied der DGNR. «Das Risiko einer Ruptur liegt bei etwa fünf Prozent in einem Zeitraum von fünf Jahren.» Reißt das Aneurysma, kommt es zu einer Blutung im Gehirn, der sogenannten Subarachnoidalblutung, die das Leben akut gefährdet. Nur etwa jeder zweite Betroffene überlebt.

Risikoeinschätzung

Aneurysmen treten oft familiär gehäuft auf: Für Verwandte ersten Grades eines Betroffenen ist das Risiko, selbst ein Aneurysma zu tragen, drei- bis siebenfach erhöht. Sind zwei erstgradige Verwandte betroffen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf bis zu 20 Prozent.

«Bei Menschen, in deren nahem Verwandtenkreis bereits Aneurysmen oder Subarachnoidalblutungen aufgetreten sind, kann eine Abklärung deshalb sinnvoll sein», so Fiehler. Denn im Falle eines Funds besteht die Möglichkeit einer «Entschärfung» des Aneurysmas, etwa durch die endovaskuläre Therapie. Dabei führen Neuroradiologen durch einen Katheter haarfeine, platinbeschichtete Spiralen in das Blutgefäß ein und füllen die Aussackung damit teilweise aus. «Die Spiralen verhindern die weitere Blutzirkulation im Aneurysma, was das Risiko einer Subarachnoidalblutung senkt», erklärt Fiehler. Das Behandlungsrisiko der endovaskulären Therapie hat sich in den letzten Jahren zwar deutlich vermindert. Doch bei etwa fünf Prozent der Patienten kommt es während der Behandlung zu Komplikationen. Ähnlich risikobehaftet ist auch der chirurgische Eingriff zur Ausschaltung eines Aneurysmas. «Bereits vor Durchführung eines Screenings müssen Arzt und Patient deshalb genau abwägen, was der Befund eines Aneurysmas für die Lebensqualität des Betroffenen bedeutet und welche Risiken eine Behandlung für den Patienten birgt», betont der Experte.

Angiografie zweier Hirnaneurysmen. Deutlich sind die Aussackungen zu erkennen.
Quelle: Fiehler J et al. Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 97-104, Georg Thieme Verlag KG

Bessere Lebensqualität

Sofern das Behandlungsrisiko gering ist und Alter oder Erkrankungen nicht gegen einen Eingriff sprechen, rät die DGNR zur Behandlung von Aneurysmen in spezialisierten Zentren. Denn die Qualität der Untersuchung und Behandlung entscheidet maßgeblich über das Ergebnis. Die DGNR empfiehlt dies nicht nur, um eine lebensgefährliche Blutung abzuwenden, sondern auch, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Denn diese ist bei den meisten Patienten durch das Wissen um eine ‚Zeitbombe im Kopf’ erheblich beeinträchtigt.

Aufnahme nach der Behandlung: Die Aneurysmen sind mit Platinspiralen gefüllt und können nicht mehr reißen.
Quelle: Fiehler J et al. Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 97-104, Georg Thieme Verlag KG
Text: Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR), Pressestelle, Juliane Pfeiffer
- Mai 2012  www.neuroradiologie.de

Literatur:
Fiehler, J: Nicht rupturierte inkranielle Aneurysmen: wann suchen, wann behandeln? In: RöFo - Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren 2012; 184: 97-104

Weiterführende Literatur!

Im Alter von 55 Jahren erleidet die Autorin plötzlich eine Hirnblutung und infolge dieser mehrere Schlaganfälle. Als eine von jährlich ca. 24.000 betroffenen Schlaganfallpatienten in Österreich verändert sich das Leben der Betroffenen von Grund auf und sie versucht aus der anfangs tiefen Verzweiflung und Hilflosigkeit einen neuen Weg für sich zu finden. Es geht um die Schilderung des Initialereignisses aus der Sicht der Betroffenen und der ihres nächsten Angehörigen. Berichtet wird über Diagnosen, durchgeführte Behandlungen und Rehabilitationen, über veränderte Abläufe im Alltag und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Betroffene Leser und ihre Angehörigen können Vergleiche ziehen, Interessierten wird Einblick über plötzlich veränderte Lebensstrukturen geboten. Ein großes Thema stellen Träume während des künstlichen Tiefschlafes dar und der Versuch, Inhalt und Aussage in Bezug zur Realität zu erklären. Schonungslos wird die schmerzliche Konfrontation mit plötzlicher Behinderung aufgezeigt, wenn banale Abläufe zur Herausforderung werden. Einher geht die Suche nach der Mitte, nach dem Sinn in dieser von Grund auf veränderten Lebensstruktur. Neben der Bitterkeit über unsensible Ausgliederung aus dem Arbeitsprozess, der beschwerlichen Bürokratie für Therapiebewilligungen, gibt es viele schöne Momente, die Mut machen, das verletzte Selbstwertgefühl wieder zu stabilisieren und aufzeigen, dass ein Leben auch mit körperlicher Behinderung durchaus lebenswert sein kann! Mutig in die neue Zeit!

Blut in meinem Kopf
Drei Jahre Lebensbewältigung nach Hirnblutung
und Schlaganfall
von Berta Steiner

Taschenbuch: 260 Seiten
Verlag: Weishaupt

Weitere Themen!

Jeder Schlaganfall ist ein Notfall
Jährlich erleiden in Deutschland etwa 260 000 Patienten einen Schlaganfall. Rund achtzig Prozent der Betroffenen sind über sechzig Jahre alt. Aber auch Jüngere können von einem Schlaganfall heimgesucht werden. Sowohl Erwachsene im mittleren Lebensalter als auch Neugeborene und Kinder kann es treffen.

Spiegeltherapie in der Neurorehabilitation - Buchtipp
Die Spiegeltherapie ist eine geeignete Methode bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Es wurde beobachtet, dass bestimmte Bereiche des Gehirns, die an der Ausführung von Bewegungsmustern beteiligt sind, aktiviert werden.

Ergotherapeutische Übungen in der Handtherapie - Buchtipp
Unsere Hände sind für die Durchführung alltäglicher Verrichtungen von absoluter Wichtigkeit. Verlieren sie ihre Funktion kann die Handtherapie angewendet werden.